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Die Rolle der Bürger in öffentlichen Sitzungen

Die Rolle der Bürger in öffentlichen Sitzungen.

Um unnötige Konflikte zu vermeiden möchten wir über folgende Rechtslage informieren:

Grundlage ist die Beschwerde einer Stadträtin über die Sitzung des Kultur- und Sozialausschusses am vergangenen Montag; Die Beschwerde bezieht sich auf das Verhalten der Zuhörer in der Ausschusssitzung, sowie die Handhabung der Einwohnerfragestunde.

Zunächst möchten wir klarstellen, dass der Sozialausschuss der Einheitsgemeinde Stadt Tangerhütte sachlich nicht zuständig ist, eine Beratung zum Änderungsantrag der WG Lüderitz zum Haushalt 2020 und zum Haushaltskonsolidierungskonzept 2020-2028 zur Baumaßnahme „Radweg Cobbel-Birkholz“ durchzuführen. Gemäß § 7 Abs. 4 der Hauptsatzung befasst sich der Ausschuss für Bau, Umwelt, Wirtschaft und Verkehr mit derartigen Themen.

Daher hatte der Kultur und Sozialausschuss in korrekter Weise am Montag vertagt und der Änderungsantrag hätte im Bauausschuss beraten werden müssen.


Zum Öffentlichkeitsgrundsatz

Gemäß § 52 Abs. 1 KVG LSA sind die Sitzungen der Vertretung und ihrer Ausschüsse öffentlich. Aus der Sitzungsöffentlichkeit folgt jedoch nicht, dass Zuhörer ein Mitberatungsrecht besäßen. [1] Dies wird wie folgt kommentiert: Das Recht auf Teilnahme als Zuhörer umfasse grundsätzlich jedoch nicht auch die Möglichkeit zur aktiven Teilnahme an den Beratungen und Entscheidungen des Rates.[2] Dies hat die EG Stadt Tangerhütte beanstandungsfrei in ihrer Geschäftsordnung unter § 3 Abs. 2 bestimmt. Die Regelung lautet: „Zuhörer sind nicht berechtigt, sich in den Sitzungen an den Verhandlungen zu beteiligen.“


Die Beratungs- und Entscheidungsphase hat vollkommen frei von möglichen unmittelbaren Einflussnahmen Dritter zu bleiben. Sofern die Zuhörer Plakate oder ähnliche für die Gemeinderäte lesbare Schriftsätze, Sprüche, Parolen und dergleichen so platzieren bzw. in die Höhe halten, dass diese von den Mitgliedern der Vertretung/des Ausschusses wahrgenommen werden, greifen die Zuhörer auch ohne Wortmeldung in unzulässiger Weise in die Beratung- und Entscheidungsphase des Gremiums ein. Gleiches gilt für unaufgeforderte Wortmeldungen und Zwischenrufe.

Dieses Handeln der Zuhörer hat aus Sicht der Kommunalaufsichtsbehörde zwei Konsequenzen. Zum einen handhabt der Vorsitzende gemäß § 57 Abs. 1 S. 2 KVG LSA die Ordnung und übt das Hausrecht aus. Verstoßen die Zuhörer mit ihrem Handeln gegen das KVG LSA sowie gegen die Geschäftsordnung der Stadt Tangerhütte, hat der/die Vorsitzende die §§ 15 und 16 der Geschäftsordnung ermessensfehlerfrei anzuwenden. Nach einem Ordnungsruf und einer weiteren Androhung über den Ausschluss von der Sitzung kann der/die Vorsitzende den/die betroffenen Zuhörer des Raumes verweisen. Die Öffentlichkeit der Sitzung wird durch einen Ausschluss eines Zuhörers nicht in Frage gestellt.[3]


Zum Ablauf von Einwohnerfragestunden

Die Einwohner haben gemäß § 28 Abs. 2 S. 2 die Möglichkeit, bei öffentlichen Sitzungen der beratenden Ausschüsse eine Einwohnerfragestunde durchzuführen. Sowohl § 13 Abs. 4 der Hauptsatzung als auch § 6a Abs. 2 und 3 der Geschäftsordnung der Einheitsgemeinde Stadt Tangerhütte regeln, dass Fragen grundsätzlich mündlich durch den Bürgermeister, beantwortet werden. Eine Aussprache findet nicht statt. Die hier dargestellten Bestimmungen sind nicht zu beanstanden. Grundsätzlich wird der Bürgermeister oder ein von ihm beauftragter Mitarbeiter der Verwaltung die Fragen beantworten. Beziehen sich die Fragen auf Tätigkeiten oder Entscheidungen des Gemeinderates, so wird der Vorsitzende des Gemeinderates oder ein von ihm beauftragtes Gemeinderatsmitglied antworten.

Eine konkrete Frage an ein Mitglied der Vertretung oder des Ausschusses ist allerdings unzulässig. In der Kommentierung zum Gesetz wird festgestellt, dass die Fragen nicht an einzelne Mitglieder des Gemeinderates [Ausschusses] gerichtet werden könnten, da ansonsten deren Unabhängigkeit in der Ausübung ihres Ehrenamtes i.S.v. § 43 Abs. 1 KVG LSA beeinträchtigt werden könnte. Als Fragestellung sind eigene Stellungnahmen des Fragestellers unzulässig, insbesondere anklagende Kritik am Verhalten von Gemeindeorganen und somit auch das Verhalten von Gemeinderäten (VG Braunschweig, NdsVbl. 1998, 97). Solche Handlungen können zur Folge haben, dass der Vorsitzende durch Wortentzug und ggf. Verweisung aus dem Sitzungsraum im Rahmen seiner Verhandlungsleitung tätig wird.[4]

 Ferner ist eine Diskussion, im Sinne von wechselseitigen Äußerungen zwischen Zuhörern und Gemeinderäten/ Ausschussmitgliedern im Rahmen der Einwohnerfragestunde nicht erlaubt. Gleiches gilt für Zwischenrufe und Kommentare. Dies entspricht nicht dem Sinn und Zweck der Einwohnerfragestunde. Die Regelungen der Geschäftsordnung sind für den Stadtrat und seine Ausschüsse bindend. Da der Vorsitzende der Vertretung/des Ausschusses,wie oben bereits angeführt, in der Sitzung die Ordnung handhabt und das Hausrecht ausübt, hat er Zuhörer zur Ordnung zu rufen oder ggf. des Sitzungssaals zu verweisen, sofern den Regelungen des Kommunalverfassungsgesetzes und der Geschäftsordnung der Stadt Tangerhütte zuwidergehandelt wird. Demnach war es auch nicht im Sinne der Geschäftsordnung, das am Mittwoch im Bauausschuss eine Diskussion zugelassen worden war.

 

Am Montag leitet Andreas Brohm, Bürgermeister der Einheitsgemeinde, den Hauptausschuss und hofft „dass in der gesamten Sitzung, wie in der Vorstellung des Gesetzgebers respektvoll miteinander umgegangen wird.“

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